Ein Porsche-Schlepper für Brasilien – der P 312
Ferdinand Porsche konstruierte nicht nur Rennwagen, er trug auch maßgeblich zur Mechanisierung der Landwirtschaft bei, u.a. durch die Entwicklung des „Volksschleppers“ ab 1944 und dessen Weiterentwicklungen zum universell einsetzbaren Traktor AP-17 („System Porsche“) mit der Firma Allgaier.
Besonders der knallorange P 312 – der „Brasilianer-Schlepper“ – für den Einsatz auf Kaffee- und Zuckerrohr-Plantagen ist mit seinem auffallenden Design in Erinnerung geblieben. Der Aufbau des P 312 basierte auf dem AP-17 mit ölhydraulischer Kupplung und Porsche-5-Gang-Getriebe.
Der Schmalspur-Traktor bestach nicht nur optisch durch seinen stromlinienförmigen Aufbau, sondern auch mit seinen technischen Details: 25 PS, Zweizylinder-Viertakt-Ottomotor für Methanol- und Benzinbetrieb, in 3-Punkt-Hydraulik angebaute Bodenfräsen mit festen Messern und einer Arbeitsbreite von 100 cm. Alles war genau auf die Bedingungen in den Plantagen ausgerichtet. (Die glatte Blechverkleidung und die geschlossenen Kotflügel zum Abweisen der Äste verhinderten Schäden an den Pflanzen, die Spurbreite entsprach der Bepflanzung.)
Schon ab 1948 begann die Familie Porsche Kontakte zu staatlichen Stellen in Brasilien zu knüpfen, um einen Lizenznehmer für ihren Volksschlepper zu bekommen. Der „Kaffeezug“ genannte Schlepper inklusive Fräse wurde sogar von der staatlichen Prüfungsstelle Campinas in Sao Paulo getestet und mit „sehr gut“(1.) beurteilt.
Intensive Verhandlungen und technische Weiterentwicklungen nach zahlreichen Praxistests führten schließlich 1953 zu einem Vertrag mit der Firma Alrico Ltda. in Rio de Janeiro, die den Vertrieb in Brasilien übernehmen wollte. Die erste Order lautete auf Auslieferung von 1.000 Stück. 1954 wurden die ersten 220 in Friedrichshafen gebaut – 200 Exemplare davon wurden in Holzkisten verpackt und nach Santos/Brasilien verschifft. Leider waren die Ankunftsbedingungen vor Ort katastrophal: Zoll- und Einfuhrformalitäten verzögerten die Auslösung, die Finanzierung durch Alrico entsprach nicht den vertraglichen Bedingungen, das Werkzeug zum Zusammenbau der Schlepper fehlte. Somit lief der Verkauf der Schlepper sehr langsam an und es wurden keine „Brasilianer-Schlepper“ mehr gefertigt und ausgeliefert.
Einer von ganz wenigen restaurierten orangen P 312-Schlepper ist, neben zahlreichen anderen Porsche-Diesel und Allgaier Traktoren, in unserem Traktor-Stadl im fahr(T)raum Mattsee zu sehen!
(1.) Der Testbericht fasst wie folgt zusammen (Übersetzung aus dem Portugiesischen):
„Hinsichtlich des gesamten Gerätes können wir bei allen unterzogenen Prüfungen sagen, dass es gute Dienste beim Fräsen leistet. Die Prüfungen bewiesen, dass bei Boden, der von Unkräutern aller Art durchsetzt ist, sogar wenn es sich um Graminha (ein besonders lästiges Unkraut) handelt, die Leistungen als sehr zufriedenstellend bei raschem Arbeiten und sparsamen Verbrauch bezeichnet werden können. Die Prüfungen im Kaffeefeld, das in gleichmäßigen Reihen bepflanzt ist und in einem Boden mit normaler Neigung, beweisen, dass der mit Panzerschutz versehene Traktor sogar unter den Kaffeebäumen arbeiten kann, ohne die Pflanzen zu beschädigen, woraus hervorgeht, dass für die Handarbeit nur eine ganz kleine Fläche um die Pflanze herum übrig bleibt. Die Arbeit erwies sich als sehr wirksam, und die Fläche war vollständig bearbeitet.“ Quelle: Bauer, Armin (2003): Porsche Schlepper, S. 119-120
Mehr dazu im Blogbeitrag Ferdinand Porsche und seine Traktoren.